„Something inside“

Schon wieder Sonntag.
Die restliche Woche gestaltete sich arbeitstechnisch eher nicht sehr überlastend. Es war nicht viel zu tun. Also hüpften wir immer mal wieder zwischen den Stationen hin und her.
Allerdings sollte uns am Donnerstag ein großes Ereignis erwarten…endlich!
Wir haben unsere Residence Permit erhalten!!! Nach fast 5 Monaten Arbeiten haben wir nun endlich unsere Arbeitserlaubnis in den Händen – zwar ist das tansanische Passfoto wenig ansehnlich, aber erfüllt zumindest seinen Zweck!

Jetzt kann das große Reisen endlich losgehen, da wir durch die Permits einen deutlichen Preiserlass bei gewissen Unternehmungen haben.

Zu Hause allerdings sind wir gerade alle groß am planen was unsere nächsten Urlaube angeht, da die ersten Besuche aus Deutschland anstehen.
Donnerstag kommt endlich meine liebe Josi.
Josi ist ebenfalls Hebamme und wird mich hier auf der Arbeit etwas unterstützen und natürlich haben wir auch ein paar Tage Urlaub eingeplant.
Und fast unmittelbar danach kommen auch schon meine lieben Eltern mit meiner zauberhaften besten Freundin zu mir.
Meine Aufregung und Freude kann ich gar nicht beschreiben. Als ich die Hotels gebucht und den Reiseplan „erstellt“ habe, war ich ganz aufgedreht.
Ein tolles Gefühl, meine Liebsten ein bisschen an allem hier teilhaben zu lassen.
Auch Marias Familie kommt in knapp vier Wochen. Somit saßen wir hier gemeinsam zusammen und haben Hotels verglichen und Pläne geschmiedet.

Am Freitag allerdings wurde es noch einmal spannend auf der Arbeit.
Michaela und ich waren schon ganz traurig, weil wir am Vortag nicht lange auf der Arbeit waren, um unsere Permits abzuholen. Denn es sollte eine Frau aus ihrem Ward in den OP, weil bei ihrer Sectio im August „something inside“ vergessen wurde. Da waren wir natürlich gespannt wie dieses Problem gelöst werden würde und wir meldeten uns schon bei Felix im OP an.
Am Freitag-Morgen waren wir dann überrascht, als wir sahen, dass die OP noch nicht stattfand und die Frau nun als erstes in den OP sollte.
Also bereiteten wir uns vor und gingen gemeinsam mit der Frau in den OP.
Aber dort sollten wir dann noch einige Stunden warten. Absolut kurios wie der Tag geplant wurde bzw nicht geplant wurde.
Aber wir warteten natürlich geduldig und staunten noch zusätzlich wie die Frau das alles so hinnahm.

Irgendwann war es dann soweit, dass die Patientin für die Operation vorbereitet wurde.
Sie wurde in Vollnarkose gelegt und dann ging es los.
Kurz nachdem die gynäkologische Oberärztin den Längsbauchschnitt angesetzt hatte, war ein braun-grüner Klumpen im linken unteren Quadranten des Bauches sichtbar.
Der assistierende Arzt zog ungehemmt daran und der Klumpen stellte sich als ein ganzen Bündel Mullkompressen raus. Ein ganzen Bündel! Mein entsetztes Gesicht wurde zum Glück von der OP-Maske verdeckt. In Anbetracht des Ausmaßen hat es mich gewundert warum die Frau noch keinen Ileus oder sonstige Beschwerden „außer“Schmerzen hatte.
Mit dem Entfernen dieses Bündels machte sich auch gleichzeitig ein ekelhafter Geruch im Operationssaal breit.
Der Klumpen wurde zunächst noch auf den sterilen Beistelltisch gelegt, wo er seinen Duft weiter versprühen konnte. Ich nahm etwas Abstand und konzentrierte mich weiter auf die OP.
Ich erschrak noch mehr als ich sah was dieses vergessen Bündel im Bauch der Frau angerichtet hatte. Ein großer Teil des Dünndarms war aufgerissen und lag nun großflächig vor den Ärzten. Ich war gespannt wie das jetzt behoben wird.

Eine Abzählmethodik für die verwendeten Kompressen gibt es hier nicht. Deshalb wundert es mich nur wenig, dass etwas „so leicht“ im Abdomen vergessen werden kann. Trotzdem ein sehr ernüchterndes Vorkommnis.

Als die Gynäkologen dann also feststellten, dass sie in ihrer Kompetenz überfordert sind, riefen sie den Chirurgen dazu.
Dieser machte sich zügig bereit für die Operation und machte sich daran das Chaos zu beheben. Um in seinem Vorgehen erfolgreich zu sein, musste er einen großen Teil des Dünndarms entfernen und dann wieder zusammen nähen. Die Arbeit dauerte ziemlich lange. Ich war über diese Situation insgesamt ziemlich perplex.

Wir haben uns etwas länger über dieses Ereignis untereinander unterhalten und kamen zu dem frustrierendem Entschluss, dass auch dieses nicht dazu führen wird, das die verwendeten Kompressen abgezählt werden oder sonstiges. Unter Umständen kann dieser Fehler einer Frau das Leben kosten. Selbst jetzt noch wo der Übeltäter „entfernt“ wurde.

IMG_3997 vergessene Tupfer

Morgen startet eine neue Woche mit sicherlich neuen spannenden Momenten – aber dieses Mal nur eine kurze Arbeitswoche.

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