Resuscitation

Ich hatte eine sehr gute Woche.

Während die Woche am Montag zunächst noch ziemlich langweilig eingeleitet wurde, stellte sich der Dienstag jedoch als ein SuperTag heraus.
Es war mal wieder reichlich zu tun im Kreißsaal und noch immer sind die schwedischen Hebammenschülerinnen da, die eine Geburt nach der nächsten jagen. Ich stehe ihnen dabei helfend zur Seite und übersetze gelegentlich.

Außerdem habe ich einige andere nötige Aufgaben „drum rum“ übernommen, wie Frauen verlegen und die Dokumentation. Zwischendrin bot sich aber auch mir eine wundervolle Geburt bei einer jungen Erstgebärenden.
Sie rief mich pressend zu sich und ich kümmerte mich um sie. Als ich sie untersuchen wollte, blitzte schon die pralle Fruchtblase durch die Scheide. Ich untersuchte zunächst, fühlte ob ich pulsierende Gefäße der Nabelschnur in der Eihaut tasten konnte. Nichts. Der Kopf direkt dahinter – Beckenmitte – in der Wehe Beckenboden. Also ließ ich mir von einer der Schülerinnen eine sterile Klemme geben um die Fruchtblase zu öffnen.
Das Fruchtwasser war klar.
Kurz nachdem ich die Blase geöffnet hatte, fragte mich die schwedische Schülerin, warum ich dieses getan hatte. Sie wäre davon überzeugt, dass eine stehende Fruchtblase bzw eine Geburt in der Fruchtblase doch um einiges schonender für das Kind sei.
Allerdings, obwohl ich zunächst natürlich kurz verunsichert war, stand ich für meine Entscheidung gerade und sagte ihr, dass ich aus meiner eigenen Intuition nicht möchte, dass Kinder hier in der Fruchtblase geboren werden um unter anderem eine Fruchtwasseraspiration beim Kind zu vermeiden.  Sobald Kind mit einem Körperteil an die Luft kommen, kann der Atemreflex ausgelöst werden und das würde bedeuten, dass es das Fruchtwasser einatmen würde. Außerdem muss man natürlich auch im Hinterkopf haben, dass hier keine „gute“ Infektionsdiagnostik stattfindet und ich nicht weiß ob eine Ansteckung auf diesem Weg möglich ist. Sowie grünes Fruchtwasser – zwar in diesem Fall nicht vorhanden, aber trotzdem zu bedenken.

Ein paar Minuten später gebar die Frau ihren ersten gesunden Sohn. Alle waren zufrieden.
Parallel dazu wurde eine Frau in den OP gefahren.
Diese war mit Zwillingen schwanger in ihrer 3. Schwangerschaft. Der erste Zwilling war bereits spontan geboren – ein Mädchen.
Allerdings fing die Frau nach der Geburt des ersten Kindes sehr stark an zu bluten und bei der vaginalen Untersuchung war ein großer Teil der Plazenta in der Scheide tastbar.
Ich vermutete, dass der 2. Zwilling nur noch wenig Überlebenschancen hat, wenn es sich um eine gemeinsame Plazenta handelt.
Allerdings waren positive Herztöne mit dem Pinardrohr zu ermitteln und meine Kollegen bereiteten alles für einen Kaiserschnitt vor.

Nachdem ich mit „meiner“ Geburt fertig war, sollte ich schnell in den OP um den 2. Zwilling anzunehmen. Ich war ziemlich nervös und gespannt in welchem Zustand sich das Kind befand.
Kurz Zeit später lag es im sterilen Tuch in meinem Arm und ich machte mich schnell auf den Weg zur Kindereinheit um mein Nötigstes zu tun.
Das Kind hatte zwar zunächst einen guten Muskeltonus, machte aber keinerlei Anstalten zu schreien und hatte eine nahezu weiße Hautfarbe.
Ich tastete den Puls – deutlich unter 60.
Ich begann die Reanimation – saugte zunächst ab und begann abwechselnd zu bebeuteln und die Herzdruckmassage.
Bereits beim ersten Beuteln, reagierte das Kind. Ich musste also nicht lange meine Aufgabe weiterführen.
Ich kontrollierte den Puls – Hautfarbe und Tonus wurden besser und auch schon bald begann der kleine Mann zuschreien. Ich strahlte übers ganze Gesicht und war glücklich, dass alles gut gelaufen ist.
Ich behielt ihn noch eine Weile im Auge und verlegte ihn dann auf die Station.
2 Schwestern bekamen die Situation natürlich mit, ließen mich jedoch alleine arbeiten, da sie merkten, dass ich die Situation im Griff hatte. Für mich eine gute Bestätigung, da es vor ein paar Wochen noch ganz anders gewesen wäre.

Alles in Allem fühlte ich mich nach diesem Tag zwar erschöpft, aber doch sehr zufrieden. Ein echtes Erfolgserlebnis und ich fühlte mich tatsächlich gebraucht auf der Arbeit, da jede Hand nötig war bei diesem Arbeitspensum.

Am Abend sind zum ersten Mal zum Volleyballtraining gefahren. Das Angebot hatten Maria und Felix vor kurzem im Internet gefunden und bei diesem fettigen Essen sind wir zur Zeit alle etwas bemüht dem nicht zum Opfer zu fallen.
Eine bunt gemischte Truppe erwartete uns und auch der Trainer der tansanischen Volleyballnationalmannschaft unterstützte uns. Es machte riesen Spaß und es wurden ein paar gute Verbesserungstipps für mein geringes Volleyballtalent gegeben.
Auch wenn mir danach die Arme weh taten und sich ein paar blaue Flecken auf meinen Unterarmen tummelten, hatte ich einen super Abschluss für diesen Tag.

Der Mittwoch gestaltete sich ungefähr ähnlich – die Arbeit macht Spaß und alle sind so offen und freundlich.
Reflektierend zu meinen Einträgen von Dezember hat sich wirklich einiges getan. Ich denke, dass der Abstand über Weihnachten und Silvester sehr gut tat und noch mal anderes darüber denken ließ. Und auch ich bin offener und bestimmter in meinem Arbeiten – und ich merke, dass es gut ankommt.
Ich freue mich wieder auf die Arbeit.

Und damit war meine Arbeitswoche auch schon wieder beendet, da ich Josi am Donnerstag pünktlich um 7:25Uhr vom Flughafen abholen musste.
Alles klappte an dem Morgen reibungslos und so konnte ich die liebe Josi bereits kurz vor 8Uhr in die Arme schließen. Absolut unglaublich, dass mein erster Besuch nun endlich da ist und dann auch noch eine tatkräftige Unterstützung für die Arbeit.
Bislang war alles sehr entspannt. Am Freitag waren wir kurz im Amana, da ich Josi schon mal einen kurzen Einblick geben wollte bevor wir Montag aktiv mit der Arbeit starten.
Wir hatten Glück, da nicht viel zu tun war und ich Josi allen vorstellen konnte.

Jetzt genießen wir noch das Wochenende und dann gehts Montag los.

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