Rhesus, lieber Rhesus.

Viel ist wie immer nicht in der Ambulanz passiert…
Neben den alltäglichem Schreibkram, gab es allerdings 2 Patientinnen die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind.


In der letzten Woche habe ich zum allerersten Mal in meiner Zeit hier eine Frau aufgenommen, die tatsächlich einen negativen Rhesusfaktor aufwies. Ich dachte schon, das würde es hier gar nicht geben 😉
Da das Thema „Rhesusunverträglichkeit“ ein ziemlich komplexes Thema ist, versuche ich mich trotzdem kurz zu halten und die wichtigsten Punkte herauszufilten!
Nun also ein bisschen Theorie…!

Die menschliche Blutgruppe stellt sich aus mehreren verschiedenen Antikörpern und Antigenen zusammen. Bei der Blutgruppenbestimmung (AB0), wird zusätzlich noch der Rhesusfaktor bestimmt.
Dieser kann entweder positiv oder negativ sein. Der Großteil der Menschen haben einen positiven Rhesusfaktor.
Doch bei einen geringen Teil ist der Rhesusfaktor negativ, was aber grundsätzlich keinerlei Auswirkungen auf den Körper hat. Nur bei einer schwangeren Frau ist dieser von besonderer Wichtigkeit.
Ist eine Frau also Blutgruppe A Rhesusfaktor negativ, gehören einige wichtige Routinemaßnahmen zur Betreuung der Schwangeren.
Denn sobald der Vater einen positiven Rhesusfaktor hat, kann auch das ungeborene Kind einen positiven Rhesusfaktor in der Blutgruppe tragen. Ist dieses der Fall kann es zwischen Mutter und Kind zu einer Rhesus-inkompatibilität kommen, wenn in den mütterlichen Blutkreislauf, Blut aus dem fetalen Kreislauf hinüber tritt. Das mütterliche Abwehrsystem beginnt Antikörper gegen den kindlichen Rhesusfaktor zu bilden. Dieses hat aber zunächst in der ersten bestehenden Schwangerschaft noch keine Auswirkungen auf Mutter und Kind.
Sollte diese Blutgruppenunverträglichkeit aber unbehandelt bleiben, kann es in der 2. Schwangerschaft große Auswirkungen auf das Kind haben. Der mütterliche Körper „erinnert“ sich an die ehemals gebildeten Antikörper und reaktiviert sie. Diese Antikörper gehen dann in den fetalen Kreislauf über und führen zu einer starken fetalen Anämie (Blutarmut) und im schlimmsten Fall zum Tod.
Um dieses zu vermeiden ist es von höchster Wichtigkeit den Rhesusfaktor zu bestimmen und im Bedarfsfall eine Immunisierung vorzunehmen, mittels einer Anti-D-Prophylaxe. Diese wird bei einer Rhesus-negativen Frau zwischen der 28. und 30. Schwangerschaftswoche intramuskulär verabreicht. Und auch nach der Geburt muss diese spätestens 72h nach der Geburt wiederholt werden, sofern das Kind tatsächlich einen positiven Rhesusfaktor hat. Die kindliche Blutgruppe sollte bei jeder Rhesus-negativen Frau Postpartum bestimmt werden.

Und diese Begebenheit ist mir bislang bei keiner tansanischen Frau hier aufgefallen. Doch wie bereits erwähnt, kam letzte Woche eine schwangere Frau eben aus genau diesem Grund in die Ambulanz. Sie war ungefähr in der 20. SSW. Die Frau und ihr Mann kamen jeweils beide mit einem Laborschein mit der Bestimmung ihrer Blutgruppen in die Ambulanz. Die Frau war Rhesusfaktor negativ und der Mann Rhesusfaktor positiv.
Das hieß also, dass die Frau auf jeden Fall eine Anti-D-Prophylaxe braucht. Nach einem kurzen Aufklärungsgespräch wurde sie dann auch mit dem entsprechenden Rezept zur Duka la Dawa (Apotheke) geschickt und ihr wurde danach die besagte Spritze verabreicht. Also alles genauso wie ich es kenne und gelernt habe 🙂

Eine weitere Situation ereignete sich gestern Nachmittag als eine Frau mit ihrem Mann zu uns in die Ambulanz kam. Ich sah bereits in ihrem Gesicht, dass sie ziemliche Schmerzen hatte und mir war eigentlich direkt klar, dass diese Frau gerade starke Wehen hat. Da ich zu diesem Zeitpunkt gerade alleine am Aufnahmetisch saß, sagte ich direkt einer Schwester Bescheid, die die Frau sofort mit ins Untersuchungszimmer nahm. Dort blieben sie dann eine ganze Weile. Wie ich kurz vorher im Mutterpass der Frau gesehen hatte, erwartete sie ihr 4. Kind. Es kann also unter Umständen sehr schnell gehen. Allerdings war sie erst in der 24. Schwangerschaftswoche.
Schließlich kam die Schwester mit den Papieren raus und schickte mich schon einmal vor für die Anmeldung im Maternity Ward, wo die Frau dann auf die Schwangerenstation kommen sollte.
Ich beeilte mich und musste dann aber trotzdem noch gut 10 Minuten auf der Station auf die Schwester mit der Frau im Schlepptau warten. Denn hier geht nichts ohne vorher alle bürokratischen Notwendigkeiten erledigt zu haben. Also kam es wie es kommen musste…
Die Frau wurde fast im Laufschritt auf die Station geführt, während sie bereits die Hände zwischen die Beine hielt und nur noch gebückt laufen konnte.
Ich folgte den Beinen in einen Raum auf der Station, die für die Fehlgeburten vorgesehen ist. Als sich die Frau dann auf die Liege legte, war bereits der halbe kleine Körper des Kindes geboren.
Ich verließ den Raum.

Eine Situation, die mit etwas mehr Eile vielleicht nicht gänzlich vermieden werden könnte, aber jedoch etwas weniger traumatisch für die Frau gestaltet werden können. Oft habe ich tatsächlich das Gefühl, dass das fachliche Einschätzungsvermögen nicht immer ganz ausgeschöpft wird.

Ab nächste Woche wartet wieder ein neuer Einsatzort…
Ich gehe dann auf die Station, wo ich derzeit immer die Schwangeren mit einer Anämie, einen überdimensionalen Hypertonus (Bluthochdruck) oder andere Beschwerden…
Von dort kann ich sicher noch mehr berichten.

Zur Auffrischung empfehle ich auch noch einmal die Blogadressen meiner Mitfreiwilligen. Da wir alle immer andere Erlebnisse und Blickwinkel haben, finde ich es spannend diese auch aus einer anderen Perspektive kennen zulernen.

http://silkeindar.wordpress.com/

http://maria-tansania14.auslandsblog.de/

http://einjahrindar.auslandsblog.de/

http://felixindar.blogspot.de/

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