Unafanya vizuri.

Als ich heute morgen etwas verspätet in den Kreißsaal kam, war dieser….leer!
Selten, aber möglich.
Hinten im Auffenthaltsbereich der Schwestern saß eine Kollegin gerade beim Frühstück, gemeinsam mit ein paar Schülern.
Als ich fertig umgezogen war, gesellte ich mich dazu und wir konnten den Morgen mal richtig entspannt beginnen lassen.

Kurz darauf wurde mir dann berichtet, dass im Ward 6 gerade eine Frau für eine Sectio vorbereitet wird, wegen eines Nabelschnurvorfalls. Ich machte mich also bereit und wartete auf den Startschuss, da mir klar war, dass ich mit in den OP gehe.
Kurz Zeit später ging es los. Ich traf 2 Schülerin auf dem Flur, die gerade die Frau auf einer Trage Richtung OP schoben.
Und … ich staunte nicht schlecht, als ich sah, dass die Frau tatsächlich in Knie-Ellenbogen-Position gelagert wurde.
Um den Druck auf die Nabelschnur so gering wie möglich zu halten, lagert man das Becken der Frau möglichst hoch – im optimalen Fall tatsächlich in Knie-Ellenbogen-Lage.
Nur selten besteht hier tatsächlich das Bewusstsein für solch eine heikle Situation.
Durch den Druck kann während einer Wehe die Nabelschnur zwischen Kopf/Steiß und Becken die Nabelschnur abgedrückt werden. Dieses unterbricht dann die Versorgung des Kindes.

Im OP angekommen ging dann auch alles recht zügig. Zügiger als ich es mittlerweile gewohnt bin. Ich bereitete noch schnell meinen Arbeitsplatz vor und dann ging es auch schon los. Der Arzt war sogar so schnell dabei, dass ich es nicht mal schaffte meinen 4. Handschuh anzuziehen.
Während vorher noch die Spinalanästhesie gesetzt wurde, habe ich dann aber noch erfahren, dass es sich „lediglich“ um ein Vorliegen der Nabelschnur handelt, da die Fruchtblase noch intakt ist. Als ich vorher die Akte der Frau kurz durch sah, waren 2 unterschiedliche Diagnosen dokumentiert –  Cord Prolapse und Cord Presentation.
Also versicherte ich mich noch schnell genau bei dem zuständigen Arzt.
Kein NabelschnurVORFALL – sondern ein Vorliegen.
Bei einem Vorliegen bietet das Fruchtwasser noch einen gewissen Schutz und Puffer.
So war ich etwas beruhigter. Die Frau hatte einen Muttermundsbefund von 4cm.

Als der kleine Junge um 10.30Uhr schreiend auf die Welt kam, war ich sehr zufrieden. Das Management hatte gut geklappt und Mutter und Kind ging es gut.
Zum Anfang dachte ich schon der heutige Tage würde genauso starten wie der gestrige. Doch dem war zum Glück nicht so.

Als ich wieder zurück in den Kreißsaal kam, war schon etwas mehr los. Einige wehende Frauen befanden sich auf den Liegen.
Unter Anderen auch eine Frau, die eine besondere Aufmerksamkeit der Schwestern genoss, da sie die jüngere Schwester der Stationsleitung aus Ward 6 ist.
Doch im Großen und Ganzen gab es für sie keine andere Behandlung, außer dass sich die Kreißsaalleitung persönlich um sie kümmerte. Die Leitung ist meistens mit viel bürokratischen Aufgaben beschäftigt, was ihr nicht immer möglich macht direkt im Kreißsaal zu arbeiten.
Als diese Frau dann später spontan entbunden hat, war die Freude im Kreißsaal riesig groß und alle tanzten und sangen für die frisch gewordene Mama. Ein schöner Moment mit einem gesunden lebensfrischen Baby und einer fitten Mama.

Des Weiteren waren heute mal wieder besonders viele Schüler im Kreißsaal, die sich alle mehr oder weniger um die Geburten „stritten“.
Als dann die Frauen nacheinander entbanden, ergab sich bei der einen Frau sogar die Möglichkeit einen Schüler bei der Geburt anzuleiten. Und wichtig ist auch hier zu erwähnen, dass ich gelassen wurde und nicht unterbrochen wurde.
Die Frau war eine junge Erstgebärende. Das kindliche Köpfchen war Beckenboden sichtbar. Also leitete der Schüler die Frau zum Mitschieben…bzw PowerPressen an.
Davon war ich weniger begeistert, denn sehr häufig wird in der Austreibungsphase die Frau zum extremen Pressen angefeuert. Hinzukommt ein maximales Dehnen des Dammes und Labien mittels Finger und Überstreifen über den kindlichen Kopf. Diese Beobachtung verursacht bei mir häufig empathische Bauchschmerzen.
Ich finde zwar auch nicht, dass man um jeden Preis einen intakten Damm haben muss, aber wenn dem so ist, finde ich das prima. Vor allem weil es postpartum für die Frau einfach unangenehm und schmerzhaft sein kann. Aber auch, weil ich bislang keine begeisterte „Damm-näherin“ bin, liegt mir rein arbeitsbedingt natürlich auch etwas daran einen intakten Damm zu haben. 😉
Außerdem geht den Kindern durch das PowerPressen meistens alles viel zu schnell und man provoziert einen schlechten Zustand des Kindes. Was mir hier schon häufig aufgefallen ist. Meistens tun sich die Kinder dann ziemlich schwer in den ersten Lebensminuten.
Um dieses zu vermeiden, gab ich mir Mühe den Schüler genau anzuleiten und irgendwie auch ein bisschen zu beruhigen, da er selber ziemlich viel Hektik auf die Frau projizierte. Selbst in den Wehenpausen ließ er die Frau ordentlich schieben. Also redeten wir in einer Mischung aus Kiswahili und Englisch darüber, ob dieses Verfahren jetzt tatsächlich das Beste ist. Sehr schnell verfallen einige Kollegen hier bei „Beckenboden“ in hektisches Handeln, was eigentlich unnötig ist.
Also beruhigten sich alle und warteten die nächsten Wehen ab. Die Frau schob ganz wunderbar mit und der Kopf des Kindes war recht schnell geboren – vor allem für eine Erstgebärende.
Natürlich habe ich hier unter der Geburt immer noch keine CTG überwachung – aber diese vermisse ich auch nicht wirklich. Ich verlasse mich hauptsächlich auf die Kinder und die Mütter (und auf mein Gefühl!).
Und ich weiß, dass ich mit dieser Argumentation in Deutschland nicht sonderlich gut fahren werde…
Denn auch per Pinardrohr werden in der letzten Phase kaum Herztöne gehört.
Aber die Kinder passen sich gut an in der ersten Minute (zumindest bei meinen Geburten) und es geht ihnen prima, auch wenn das CTG vielleicht was anderes erzählt hätte. Schwieriges Thema.

Und so auch bei dieser Geburt. Ich war mehr als glücklich, als das Kind nach ein paar Sekunden begann zu schreien und ich es auf die Brust der Mutter legen konnte. Die Frau war mehr als glücklich und ich sprach ihr überschwänglich meinen Glückwunsch aus.
Einige der anderen Schüler hatten sich auch um uns versammelt, die zum Anfang noch etwas über meine Anleitung gekichert hatten. Aber…ich war absolut bestätigt und freute mich. Die Frau hatte ebenfalls keine Geburtsverletzung davon getragen, was hier schon wirklich was besonderes ist bei einer Erstgebärenden.

Kurz danach sprach ich mit dem Schüler noch einmal über die Geburt und ich versuchte mit ihm ins Gespräch zu kommen. Klappte nicht ganz so gut…aber das ist auch nicht so üblich.
Es ist schwierig Argumente gegen Dinge zu bringen, die die Auszubildenden hier anders lernen, als ich. Aber dieses bemerke ich lediglich bei einigen Dingen.
Ich wäre schon froh, wenn sie weniger routinemäßig auf eine Episiotomie zurückgreifen, und sich mehr auf die Kraft der Frau berufen würden.
Da spricht dann wieder die esoterisch angehauchte Hebamme aus mir – die aber doch auch manchmal Recht hat.
Denn all zu viele Möglichkeiten gibt es hier ohnehin nicht.

2 Gedanken zu “Unafanya vizuri.

  1. An mein liebsten Sonnenschein…. Was soll ich sagen, bin megastolz und überglücklich, dass es jetzt so fast reibungslos klappt. Höre weiterhin auf dein „Bauchgefühl“. Du bist dafür geboren. Küssi deine liebste Mami

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